Olaf Küchler (Name geändert) aus Frauenfeld TG geriet mit dem Auto in Oetwil am See ZH in eine Polizeikontrolle. Wegen «wässriger Augen und träger Pupillenreaktion» vermuteten die Beamten, der 28-Jährige habe Drogen konsumiert. Sie liessen sein Blut untersuchen. Resultat: Der Wert des Cannabis-Wirkstoffs THC war mehr als doppelt so hoch wie der zulässige Grenzwert. Küchler galt so als fahrunfähig, obwohl er mehrere Tage vor der Fahrt letztmals gekifft hatte, wie er sagt.
Für das Fahren in fahrunfähigem Zustand wurde Küchler mit 2000 Franken gebüsst. Zudem musste er den Fahrausweis für eine unbestimmte Zeit abgeben. Die Blutprobe zeigte, dass Küchler regelmässig Cannabis konsumiert. Das lässt sich mit Hilfe des Abbauproduktes von THC feststellen, des THC-Carbonsäure-Werts. Liegt dieser über 40 Mikrogramm pro Liter Blut, ist man den Ausweis los. Bei Küchler waren es 62. Den Wert von 40 Mikrogramm erreicht man den Strassenverkehrsämtern zufolge, wenn man pro Woche mehr als zwei Mal Cannabis konsumiert. Anders als bei Alkoholkonsumenten spielt es also keine Rolle, ob man während des Fahrens den Grenzwert überschreitet – es genügt der Nachweis des regelmässigen Konsums.
Das Bundesamt für Verkehr legte den Grenzwert bei 1,5 Mikrogramm THC im Blut fest. Viele kritisieren diesen als zu tief. Das Institut für Rechtsmedizin der Universität Basel schrieb Ende letzten Jahres in einem Bericht, das Unfallrisiko sei selbst bei 5 Mikrogramm THC «nicht massgeblich erhöht» und liege noch unter demjenigen bei einem Alkoholgrenzwert von 0,5 Promille. FDP-Ständerat Andrea Caroni forderte in einem Vorstoss die Prüfung eines höheren Grenzwerts. Der Bundesrat lehnte das ab. Begründung: Die Fahrbeeinträchtigung nach Cannabis-Konsum sei noch zu wenig erforscht.
Wer mit Alkohol am Steuer in eine Kontrolle gerät, muss ab 1,6 Promille mit einer medizinischen Abklärung der Fahreignung rechnen. Philipp Kunz, Rechtsanwalt und Strassenverkehrsexperte aus Köniz BE, sagt: «Bei weniger Alkohol im Blut gibt es nur ausnahmsweise eine ärztliche Abklärung, etwa bei einem Wiederholungsfall.»
Die Polizeikontrolle von Küchler ist fünf Jahre her. Dieses Jahr wollte er seinen Ausweis zurück. Er musste erst drei Monate lang mit Urin-, Haarproben und einem ärztlichen Gutachten belegen, dass er keine Drogen konsumiert. Zudem muss er noch einmal die Fahrprüfung absolvieren und ein Jahr lang beweisen, dass er kein Cannabis konsumiert. Sein Urin darf weder Spuren von THC noch CBD enthalten.
Alessandro Tani, Leiter des Strassenverkehrsamts des Kantons Thurgau, bestätigt diese Praxis. Sie gelte für alle Kantone.
So häufig sind Ausweisentzüge wegen Drogen
Wegen Alkohol mussten letztes Jahr total 13 280 Lenker den Fahrausweis abgeben. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl war die Zahl der Entzüge im Kanton Wallis am höchsten, an zweiter Stelle lag Freiburg. Am Schluss der Liste sind die beiden Basler Kantone. Auch Lenker aus den Kantonen Zürich und Bern mussten verhältnismässig selten aufs Autofahren verzichten.
Wegen Betäubungsmitteln wie Cannabis zogen die Strassenverkehrsämter 6572 Ausweise ein – das entspricht etwa der Hälfte der alkoholbedingten Entzüge. Am strengsten waren die Kantone Freiburg und Neuenburg. Appenzell-Innerrhoden und Uri zogen am wenigsten Ausweise wegen Drogen ein. In Zürich lag die Zahl tiefer als der Schweizer Durchschnitt, Bern lag darüber.