Zusammen mit Freunden ging Ivan Lukic (Name geändert) aus Bülach ZH diesen Herbst ins Kino Pathé in Dietlikon ZH. Sie waren mit drei Autos angereist. Das Parkhaus war besetzt, deshalb parkierten sie nebenan bei der Firma Grogg AG. Nach der Kinovorstellung waren ihre drei Fahrzeuge weg.
Ein Angestellter der Pannendienst Region Zürich GmbH erklärte vor Ort, die Wagen seien abgeschleppt worden. Er fuhr die drei zu einem Bankomaten und verlangte je 630 Franken. Sonst rücke er die Autos nicht heraus. Einer der drei Fahrer zahlte. Die anderen widersetzten sich. Schliesslich bekamen alle ihr Auto zurück. Der Pannendienst fordert jedoch weiterhin zweimal 630 Franken.
Zwei Firmen des gleichen Konzerns
Brisant: Der Pannendienst und die Grogg AG, der die Parkplätze gehören, haben ihren Sitz an derselben Adresse und gehören zur MSS Holding AG. Dieser Konzern besteht aus zahlreichen Firmen, die im Bereich Autos und Versicherung tätig sind. Die Unternehmen des gleichen Konzerns geben sich somit gegenseitig den Auftrag, die Autos abzuschleppen – und verdienen dabei kräftig.
Josef Ulrich, der Anwalt der MSS Holding AG, sagt gegenüber dem K-Tipp, der Tarif sei im Vergleich zu anderen Abschleppfirmen «moderat». Er bestreitet, dass «auf unzulässige Weise angedroht worden ist, das Auto nur gegen Bezahlung der Abschleppgebühr herauszugeben».
Dank K-Tipp: Firma verzichtet auf Klage
Auch Isabel Urech aus Dübendorf ZH erhielt eine teure Abschlepprechnung. Sie parkierte auf dem Kundenplatz des Rio-Getränkemarkts in Uster ZH. Bevor sie in den Laden ging, machte sie Einkäufe in der benachbarten Migros. Die Abschleppfirma
Falschparken.ch Kägi schleppte Urechs Auto ab und stellte Rechnung für 550 Franken. Vor dem Friedensrichter forderte die Firma zusätzlich Inkassokosten von 115 Franken. Die Lenkerin wandte sich an den K-Tipp. Und siehe da: Das Unternehmen verzichtete auf eine anschliessende Klage. Es kann sich somit lohnen, die Rechnung anzufechten.
Wegweisendes Gerichtsurteil
Der damalige Firmeninhaber Daniel Kägi sagt, der geforderte Preis sei gerechtfertigt. Die Autos seien heute schwerer und hätten häufiger Allradantriebe, deshalb kämen grössere und damit teurere Abschleppwagen zum Einsatz. Weshalb die Firma keine Klage eingereicht hat, will Kägi nicht sagen. Beim Rio-Getränkehandel heisst es, das Abschleppen lohne sich. Die Firma habe seither viel mehr Kunden.
Das Zürcher Obergericht fällte am 8. November 2016 ein wegweisendes Urteil: Demnach darf ein Parkplatzbesitzer zwar einen Abschleppdienst dauerhaft beauftragen, Falschparker abzuschleppen. Allerdings dürfe der Abschlepper nicht mehr verlangen, als effektiv nötig ist, um ein störendes Auto zu entfernen.
In der Regel ist damit nur so viel geschuldet, wie die Polizei für das Abschleppen verlangen würde (siehe Kasten). Ein Unternehmen darf ein abgeschlepptes Fahrzeug auch nicht zurückbehalten, bis die Rechnung beglichen ist. Ein solches Verhalten wäre als Nötigung strafbar.
Wie hoch dürfen die Kosten fürs Abschleppen sein? Friedensrichter im Kanton Zürich verpflichteten bereits mehrere Falschparker, den Abschleppfirmen rund 420 Franken zu zahlen. Das Obergericht Zürich bestätigte 2012 und 2014 zwei solche Urteile.
Auto abgeschleppt: So verhindern Sie Ärger
Parkieren Sie auf privaten Parkplätzen nur mit Erlaubnis. Der Besitzer darf falsch parkierte Autos grundsätzlich abschleppen lassen.
Falls Sie trotzdem einmal ohne Erlaubnis parkieren: Hinterlassen Sie Ihre Handynummer auf einem Zettel hinter der Windschutzscheibe. Seriöse Abschleppdienste rufen an, bevor sie abschleppen.
Das Unternehmen muss Ihnen das Auto ohne Zahlung wieder aushändigen. Ihren Namen und Ihre Adresse können Sie bekanntgeben, um weitere Abklärungskosten zu vermeiden. Unterschreiben Sie aber keinen Rapport, der Sie zur Zahlung verpflichtet. Erhalten Sie das Auto nicht sofort zurück, empfiehlt sich eine Anzeige bei der Polizei wegen Nötigung.
Prüfen Sie die Rechnung genau: Zahlen Sie nicht mehr, als was das Abschleppen durch die Polizei kosten würde – in Zürich zum Beispiel gemäss Stadtreglement 425 Franken. Mehr ist nur geschuldet, wenn der Abschlepper einen höheren Aufwand nachweisen kann.
Ausnahme: Geht es dem Abschlepper gar nicht darum, den Parkplatz frei zu halten, sondern nur darum, Geld zu verdienen, dann handelt er missbräuchlich. In diesem Fall müssen Sie gar nichts zahlen.