Auf diese Idee ist bisher noch niemand gekommen: Negativzinsen auf Freizügigkeits- und Säule-3a-Konten. Das würde bedeuten: Das Gesparte wächst nicht bis zur Pensionierung – es schrumpft. Ist das zulässig? Das Bundesamt für Sozialversicherungen will sich nicht dazu äussern. Es erklärte gegenüber dem K-Tipp, demnächst ein Rechtsgutachten in Auftrag zu geben.
Die WIR-Bank lässt sich von solchen Fragen nicht aufhalten. Zwar zahlt die Bank im Vergleich zur Konkurrenz gegenwärtig noch etwas höhere Zinsen. Doch sie hat ihren Kunden neue Allgemeine Geschäftsbedingungen und Reglemente zugeschickt. Wer die 14 200 Wörter durchackert, stellt fest: Die Bank schafft mit den Änderungen die Möglichkeit, Negativzinsen zu verlangen – und zwar auf normalen Konten genauso wie auf Freizügigkeits- und 3a-Konten.
Die WIR-Bank nimmt sich sogar das Recht heraus, ihre Kunden nicht zu informieren, wenn sie die Negativzinsen einmal tatsächlich einführt. Lapidar schreibt die Bank in den AGB: «Der aktuelle Zinssatz wird in den Filialen der WIR-Bank publiziert oder auf andere geeignete Weise zur Kenntnis gebracht.» Ein simpler Aushang in der Schalterhalle wäre nach Ansicht der WIR-Bank also ausreichend. Fachleute sehen das anders, wie der K-Tipp schon mehrmals dargelegt hat.
«Negativzins» ist rechtlich unhaltbar
Der K-Tipp hat die Vorsorgereglemente von mehreren grossen Schweizer Banken studiert. Ergebnis: Bisher hat keine Bank Negativzinsen vorgesehen. Praktisch alle Banken schreiben sogar ausdrücklich, dass sie «Zins gutschreiben», einen «Vorzugszinssatz» gewähren, dass sie «Guthaben verzinsen» oder dass die Kunden einen «Zins erhalten».
Rechtlich ist das Wort «Negativzins» widersinnig. Denn Zinsen sind definitionsgemäss immer ein Entgelt für Kapital, das eine Partei der anderen überlässt. So drückte es der auf Bankenrecht spezialisierte Anwalt und Titularprofessor Jean-Marc Schaller in «Saldo» aus («Saldo» 19/2016). Die Einführung von Gebühren statt Zinsen auf einem Sparkonto sei deshalb keine blosse Zinsänderung, sondern ein neuer Vertrag: Aus einem Darlehen mit Zins werde eine kostenpflichtige Hinterlegung. Schaller: Ein negativer Zins sei daher nur mit der expliziten Zustimmung des Kunden zulässig.
Thomas Koller, Professor für Privat- und Sozialversicherungsrecht an der Universität Bern, ist gleicher Meinung. Auch bei Freizügigkeitskonten und Sparkonten der Säule 3a müsse der Kunde Negativzinsen ausdrücklich akzeptieren. Er habe mit der Bankstiftung einen Vertrag, sagt Koller: «Die Einführung von Negativzinsen kann bei jedem Privatrechtsverhältnis nur mit Zustimmung des Kunden erfolgen.»
Das gelte selbst dann, wenn die Stiftung die Zinshöhe nach Reglement einseitig festlegen dürfe. Ein Wechsel von positiven zu negativen Zinsen sei «zu gravierend, als dass die Bank alleine darüber bestimmen darf».
So können Sie sich wehren
Will eine Bank auf Ihrem Guthaben Gebühren statt Zinsen einführen, sollten Sie schriftlich und eingeschrieben mitteilen, dass Sie die Änderung nicht akzeptieren.
Ihr Freizügigkeits- oder 3a-Konto können Sie jederzeit zu einer anderen Einrichtung zügeln. Eröffnen Sie dazu zuerst ein Konto bei einer neuen Bank. Anschliessend lassen Sie sich das Geld vom alten Konto überweisen. Sie können alles in der Filiale oder mit einer beglaubigten Ausweiskopie per Post erledigen.
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