Zu wenig geheizt: Mieter für Schimmel verantwortlich
Ein Ehepaar meldet der Verwaltung wiederholt, in der Mietwohnung habe es Schimmel. Vor Gericht fordert es die Behebung dieses Mangels sowie eine Reduktion des Mietzinses. Die Vermieterin fordert den vollen Betrag.
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saldo 08/2013
01.05.2013
Thaïs In der Smitten
Zwei ganze Winter lang schlugen sich das Ehepaar und ihr Kleinkind in der Mietwohnung mit Feuchtigkeit und Schimmel herum. Auch mit der Heizleistung waren die Mieter unzufrieden. Die Vermieterin liess die verschimmelte Aussenwand des Kinderzimmers im Frühjahr 2010 mit Javelwasser behandeln und neu streichen. Doch bereits im nächsten Winter machte sich der Schimmel wieder breit.
Die telefonischen und schriftlichen Reklamationen des Ehepaars fruchteten nichts. Im August 20...
Zwei ganze Winter lang schlugen sich das Ehepaar und ihr Kleinkind in der Mietwohnung mit Feuchtigkeit und Schimmel herum. Auch mit der Heizleistung waren die Mieter unzufrieden. Die Vermieterin liess die verschimmelte Aussenwand des Kinderzimmers im Frühjahr 2010 mit Javelwasser behandeln und neu streichen. Doch bereits im nächsten Winter machte sich der Schimmel wieder breit.
Die telefonischen und schriftlichen Reklamationen des Ehepaars fruchteten nichts. Im August 2011 gelangte der Anwalt des Paares ans Bezirksgericht Kriens. Die Forderung: Die Vermieterin solle die verschimmelten Stellen sanieren, die Heizung reparieren und die Miete ab Juni 2010 bis zur Behebung der Mängel um 50 Prozent reduzieren.
Seit Mai 2011 hatte das Paar den Mietzins nicht mehr der Vermieterin überwiesen, sondern bei der zuständigen Schlichtungsstelle für Mietsachen hinterlegt. Diese Möglichkeit haben die Mieter laut Gesetz, wenn um eine Reduktion des Zinses gestritten wird. Drei Monate nach Klageeinreichung zog die Familie aus der Mietwohnung aus.
Das Kinderzimmer war im Winter offenbar eiskalt
Nachdem die Vermieterin im September 2011 die Kündigung erhalten hatte, reichte sie ihrerseits Klage ein: Das Ehepaar müsse nach dem Auszug die Kosten der Sanierung der Wohnung von insgesamt 16 625 Franken zahlen. Zudem solle die Schlichtungsstelle die einbezahlten Mietzinse freigeben.
Der Einzelrichter liess ein Gutachten erstellen. Der Experte kam zum Schluss, die Mieter hätten nicht genügend gelüftet und geheizt. Die Mieter vor und nach ihnen hätten viel mehr Heizenergie verbraucht. Daraus müsse man schliessen, dass die Mieter in den Heizperioden 2008 bis 2011 das Steuergerät im Wohnzimmer beeinflusst hätten.
An der Verhandlung bezeugten Vor- und Nachmieter, sie hätten keinerlei Probleme mit Schimmel gehabt und auch die Heizung habe einwandfrei funktioniert. Eine Bekannte des klagenden Ehepaars sagte aus, dass es im Winter im Kinderzimmer so kalt gewesen sei, dass man dort nicht habe spielen können. Das war für den Anwalt der Mieter ein klares Indiz dafür, dass die Heizung defekt war. Nach seinen Ausführungen hätten die Mieter gerne mehr geheizt – aber das sei technisch nicht möglich gewesen. Zudem habe ein Experte bestätigt, dass die hohe Feuchtigkeit in der Wohnung nicht durch falsches Verhalten der Mieter verursacht wurde. Die Aussenwände seien nicht genügend isoliert.
Bei einer Funktionskontrolle lief die Heizung einwandfrei
Der Anwalt der Vermieterin widerspricht: Die Heizung sei auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüft worden. Dabei seien keinerlei Mängel festgestellt worden. Die Heizkostenabrechnung zeige zudem, dass die Kläger deutlich weniger Heizkosten hatten als andere Mieter. Seine Folgerung: Das Ehepaar habe einfach wenig geheizt, um die Kosten tief zu halten. Deshalb habe sich Schimmel gebildet.
Der Einzelrichter kommt in seinem schriftlichen Urteil zum gleichen Ergebnis: Die Mieter hätten zu wenig geheizt und gelüftet und so die Mängel selbst verschuldet. Sie hätten deshalb keinen Anspruch auf eine Herabsetzung der Miete.
Die Kläger seien zudem den Beweis für einen Mangel an der Heizung schuldig geblieben. Deshalb bleibe als Ursache für die tiefen Temperaturen nur die Manipulation der Heizung. Die bei der Schlichtungsstelle hinterlegten Mietzinse werden der Vermieterin überwiesen.
Für das Streichen der Schimmelwände müssen die Mieter aufkommen
Der Einzelrichter weist auch die Klage der Vermieterin teilweise ab: Statt der eingeklagten Summe von über 16 000 Franken müssen die ehemaligen Mieter nur Fr. 6571.25 für die Instandstellung der Wohnung bezahlen. Dieser Betrag umfasst das Streichen der vom Schimmel betroffenen Zimmer. Die Vermieterin hatte den Neuanstrich sämtlicher Decken und Wände eingeklagt.
Von den Gerichtskosten von total 24 605 Franken müssen die Ex-Mieter rund 80 Prozent übernehmen, den Rest die Beklagte. Zusätzlich wird das Ehepaar verpflichtet, der Vermieterin an die Anwaltskosten eine Entschädigung von Fr. 3273.40 zu bezahlen.
Prozessieren: Richter berufen sich gerne auf Gutachter
Mieter haben die gesetzliche Pflicht, zur Wohnung Sorge zu tragen. Ist die Wohnung beim Auszug beschädigt, stellt sich die Frage, ob die Bewohner ihre Sorgfaltspflicht verletzt haben. Können sich die Parteien nicht einigen, kann der Vermieter auf Schadenersatz klagen. Dabei muss er beweisen, dass eine Beschädigung vorliegt, die über die normale Abnützung der Wohnung hinausgeht. Und dass die Mieter den Schaden verursacht haben.
Ab und zu delegieren Richter die Untersuchung Ursache an Gutachter. Von der Wahl dieser Experten hängt viel ab: In der Regel verlassen sich die Gerichte auf die Schlussfolgerung des Gutachtens. Deshalb müssen die Parteien im Prozess der Auswahll des Experten grosse Bedeutung zumessen.