Ich habe 1990 bei einer Versicherungsgesellschaft eine «Gebundene Vorsorge-Police» abgeschlossen, spare also im Rahmen der steuerbegünstigten Säule 3a. Im Vertrag steht, eine Auszahlung des Sparbetrages sei möglich, wenn «eine vor der Heirat stehende Frau» die Erwerbstätigkeit aufgebe. Genau diese Situation trifft auf mich zu: Ich heirate im Juni und gebe dann meine Stelle auf. Trotzdem will mir die Versicherung das Geld nicht auszahlen. Ich müsse bis fünf Jahre vor Erreichen des Rentenalters warten. Habe ich jetzt schon Anspruch auf das Geld?

Nein - obwohl in Ihrem Vertrag etwas anderes steht.

Der Grund liegt darin, dass am 1. Januar 1995 das neue Freizügigkeitsgesetz in Kraft getreten ist - und dieses macht den betreffenden Passus in Ihrer Police ungültig.

Unter altem Recht konnten verheiratete Frauen ihr Pensionskassenkapital noch bar beziehen, falls sie ihre Berufstätigkeit aufgaben. Und ledige Frauen hatten diese Möglichkeit, wenn sie heirateten oder zu heiraten beabsichtigten und deswegen den Job aufgaben.

Mit dem neuen Freizügigkeitsgesetz ist das nicht mehr möglich - auch wenn in Ihrer Police das Gegenteil steht. Gründe für eine vorzeitige Barauszahlung des Pensionskassenkapitals oder 3.-Säule-Kapitals sind jetzt nur noch: endgültiger Wegzug aus der Schweiz, Schritt in die berufliche Selbständigkeit, Invalidität sowie Vorbezug für den Kauf von Wohneigentum.

Das gilt sowohl für das Alterskapital der Pensionskasse als auch für «parkierte» Gelder auf einem Freizügigkeitskonto. Und es gilt grundsätzlich auch für gebundene Sparkapitalien in der steuerbegünstigten Säule 3a.

Voraussichtlich ab Mitte Jahr kommt eine weitere Einschränkung: Das Abkommen über den freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU hat zur Folge, dass bei einem Wegzug ins Ausland keine Barauszahlung des Pensionskassengeldes mehr möglich ist, wenn die betreffende Person in einem EU-Land weiterhin pensionskassenpflichtig ist. Die 3. Säule ist davon nicht betroffen.

Trost für die Betroffenen: Wirksam wird diese Beschränkung erst nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren.

(em)