Ich habe Anfang März meine Winterjacke in die chemische Reinigung gebracht. Leider hat der Betrieb das Kleidungsstück verloren. Ich musste Kaufpreis (400 Franken), Kaufort und Kaufdatum angeben. Daraufhin hat mir die Reinigung 50 Prozent des Neupreises bezahlt. Man sagte mir, die Jacke sei schon zwei Jahre alt, also sei dieser Abzug gerechtfertigt. Muss ich das akzeptieren?

Nein. Die chemische Reinigung muss Ihnen den Neupreis zahlen, also 400 Franken. Im Grundsatz gilt zwar, dass ein «Schädiger» dem Geschädigten nur den effektiven Schaden ersetzen muss - und dieser Schaden entspricht im Prinzip dem Zeitwert, also dem aktuellen Wert des Gegenstandes zum Zeitpunkt des Schadenereignisses.

Es gibt aber namhafte Juristen, welche die Ansicht vertreten, bei Gegenständen des täglichen Lebens (Kleider, Toilettenartikel usw.) müsse der Haftpflichtige oder seine Haftpflichtversicherung den Neupreis zahlen, also jenen Betrag, den man beim Kauf bezahlt hat.

Sie sollten also versuchen, den vollen Kaufpreis einzufordern. Geht die Reinigungsfirma nicht darauf ein, bleibt Ihnen allerdings nur der Gang zum Gericht. Wie der Entscheid dort ausfallen würde, ist nicht vorhersehbar.

Sie können die Offerte des Reinigers auch durch die Paritätische Schadenerledigungsstelle (PSE) überprüfen lassen (Gotthardstr. 61, Postfach 585, 8027 Zürich, Tel. 01 206 42 33). Das kostet 100 Franken. Allerdings berechnet auch die PSE allfällige Entschädigungen nur nach dem Zeitwert.

Geht es aber um mehr als um eine reine Zeitwertanfrage (also etwa um die Schuld an einer Beschädigung des Kleidungsstücks), nimmt die PSE Fälle nur an, wenn Konsument und Reiniger vorher je eine Bearbeitungsgebühr einzahlen und je ein Formular ausfüllen. Für Konsumenten heisst das: Sie sind bei solchen Streitereien vom Wohlwollen des Reinigungsbetriebs abhängig.

Der Gang zur PSE lohnt sich daher nur, falls das beschädigte oder verlorene Textilstück teuer war und Sie dies auch beweisen können - zum Beispiel mit einer Kaufquittung.

(ch)