Über 56 000 K-Tipp-Leser und 181 Nationalräte fordern: «Runter mit den überrissenen Handygebühren im Ausland!» Doch sie stiessen beim Ständerat auf taube Ohren.

In der Beurteilung der heutigen Situation waren sich die Parlamentarier zwar einig: Der Glarner This Jenny (SVP) kritisierte, die Telecomfirmen würden sich mit Roaming-Gebühren «dumm und dämlich verdienen». Und der Luzerner Konrad Graber (CVP) sprach von «modernen Brückenzöllen». Als es aber darum ging, zu handeln, schoben die Ständeräte die Sache auf die lange Bank – zur Freude der Swisscom-Vertreter auf der Zuschauertribüne.

Der K-Tipp weiss: Jenny und Graber liessen ihren markigen Worten keine Taten folgen. Sie stimmten für die Sistierung.

Sofort handeln könnte jetzt nur noch Bundesrätin Doris Leuthard: Sie ist für den Bundesbetrieb Swisscom zuständig. Der Bundesrat könnte als Mehrheitsaktionär durchsetzen, dass die Swisscom die Roaming-Gebühren auf EU-Niveau senkt. Dann müssten Sunrise und Orange nachziehen. Aber auch Leuthards Herz schlägt für die Telecomfirmen: Die Gebühren ergäben sich, so die Bundesrätin, aus den Kosten, die Telecomfirmen ausländischen Netzbetreibern abliefern müssten.

Ein Preisvergleich des K-Tipp zeigt jedoch, wie viel Luft in den Roaming-Preisen drin ist (siehe Tabelle). Verglichen wurden die aktuellen Prepaid-Preise der drei grossen Telecomfirmen mit denjenigen der kleinen Unternehmen Lycamobile und Ortel. Fazit: Die Kleinen sind deutlich günstiger. Bei den ankommenden Anrufen verlangt Lycamobile nur 14 Rappen, bei den ausgehenden 45 Rappen Roaming-Gebühren. Orange und Sunrise verlangen für einen Anruf aus einem EU-Land in die Schweiz bis zum Sechsfachen, Swisscom fast das Doppelte.

Bei den SMS sind die Kleinen etwa gleich teuer wie die Grossen. Ebenso beim Datentransfer übers Internet: Dort sie die ­Preise bei allen Firmen überrissen. Sunrise verlangt zum Beispiel für 1 Megabyte Download 15 Franken. Das ist 15-mal mehr, als EU-Bürger zahlen müssen.

So stimmten die Ständeräte

Der Nationalrat entschied 2011 fast einstimmig, dass die überhöhten Roaming-Tarife gesenkt werden  müssen. Doch der Ständerat hat das Anliegen nun mit 22 zu 14 Stimmen auf die lange Bank geschoben.

Der K-Tipp hat alle 46 Ständeräte schriftlich angefragt, ob sie für oder gegen das ­Einfrieren der Roaming-Motion waren. Bis zum Redaktionsschluss legten 20 Stän­deräte ihr Stimm­ver­halten ­offen.

Diese Ständeräte schoben das Anliegen auf die lange Bank:

Hans Altherr (FDP), Ivo Bischofberger (CVP), Joachim Eder (FDP), Stefan Engler (CVP), René Imoberdorf (CSP), This Jenny (SVP), Karin Keller-Sutter (FDP), Luc Recordon (Grüne), Martin Schmid (FDP) und Roberto Zanetti (SP).

Diese Ständeräte waren für tiefere Gebühren:

Didier Berberat (SP), Pascale Bruderer Wyss (SP), Raphaël Comte (FDP), Anita Fetz (SP), Claude Hêche (SP), Claude Janiak (SP), Christian Levrat (SP), Liliane Maury Pasquier (SP), Paul Rechsteiner (SP) und Géraldine Savary (SP).