Am Jahresanfang erhalten alle Angestellten den aktuellen Pensionskassenausweis zugestellt. Daraus lässt sich ersehen, wie hoch die Rente und das Alterskapital zum Zeitpunkt der Pensionierung ungefähr sein wird. Wichtig: Es handelt sich dabei um unverbindliche Hochrechnungen. Sie werden in der Regel genauer, je näher die Pensionierung kommt.
Jeder Versicherte hat laut Gesetz das Recht, einen Viertel des obligatorischen Altersguthabens aus der Pensionskasse herauszunehmen. Meistens ist ein höherer Kapitalbezug möglich. Bei der Hälfte der Pensionskassen darf man sogar das gesamte Guthaben beziehen.
Die Wahl: Muss oft bis zu drei Jahre zuvor gefällt werden
Wichtig: Wer sich für einen teilweisen oder vollständigen Kapitalbezug entscheidet, muss dies seiner Pensionskasse rechtzeitig mitteilen. Die Frist dazu kann bis drei Jahre vor der Pensionierung betragen. Sie ist im Reglement der Pensionskasse festgehalten.
Die einmal getroffene Wahl lässt sich später nicht mehr rückgängig machen. Deshalb sollte sie sorgfältig vorbereitet werden. Die zwei Varianten Rente oder Kapital haben völlig unterschiedliche Folgen. Das sind die grundsätzlichen Unterschiede:
Rentenbezug: Geeignet für Pensionierte mit guter Gesundheit
Die zum Zeitpunkt der Pensionierung festgelegte Rente ist garantiert bis zum Tod – ganz gleich, wie lange die Rentnerin oder der Rentner lebt. Für Alleinstehende zählt nur die Höhe ihrer eigenen Rente. Verheiratete können zudem von Witwenrenten profitieren. Sie betragen mindestens 60 Prozent der Rente des Verstorbenen. Hinterlassenenrenten gibt es laut Gesetz auch für Kinder bis zum 18. Lebensjahr, falls in Ausbildung bis 25. Sie betragen mindestens 20 Prozent der Rente des verstorbenen Elternteils. Die Pensionskassen können über diese gesetzlichen Minimalsätze hinausgehen.
Wählt ein Versicherter die Rente, hat er keinen Anspruch mehr auf das gesparte Altersguthaben. Das bedeutet: Stirbt er früh, freut sich die Pensionskasse. Umgekehrt gilt: Wenn jemand lange lebt, kann er vom Vermögen der Pensionskasse profitieren. Frühverstorbene finanzieren also ein Stück weit die Langlebigen, und Rentner ohne Angehörige helfen mit, die Witwen- und Kinderrenten zu finanzieren. Das bedeutet: Die Rentenlösung ist besonders attraktiv für: Pensionierte mit guter Gesundheit, Frauen (sie leben im Durchschnitt drei Jahre länger), Verheiratete und Eltern mit Kindern im Unterstützungsalter. Wer hingegen schon vor der Pensionierung an einer kräfteraubenden Krankheit leidet, sollte nicht die Rente wählen.
Was es bei der Variante Rentenbezug weiter zu beachten gilt: Die Pensionskassen zahlen für das gleiche Altersguthaben immer weniger Rente. Sie senken den Umwandlungssatz zum Teil sogar unter 6 Prozent, obwohl das Gesetz im Minimum 6,8 Prozent vorsieht. Das heisst, sie zahlen pro 100 000 Franken Alterskapital eine jährliche Rente von weniger als 6000 Franken, statt mindestens 6800 Franken.
Wie ist das möglich? Der gesetzliche Umwandlungssatz gilt nur für Altersguthaben, welche die obligatorischen Leistungen abdecken. Ganz legal dürfen die Kassen beim Umwandlungsatz eine Art Mischrechnung machen. Mit dem Resultat, dass der Umwandlungssatz für das gesamte Guthaben – das obligatorische und das überobligatorische – unter 6,8 Prozent fällt. Der Umwandlungssatz wird in der Regel im Pensionskassenausweis nicht aufgeführt. Für den Entscheid, ob Rente oder Kapital, gilt: je tiefer der Umwandlungssatz, umso vorteilhafter wird der Kapitalbezug.
Kapitalbezug: Ist das Geld vorzeitig aufgebraucht, kann es eng werden
Im Vergleich zur Rente ist beim Kapitalbezug praktisch alles anders. Das Geld geht ins private Eigentum über. Damit kann jeder machen, was er will. Angehörige können im Rahmen des Erbrechts frei abgesichert und begünstigt werden. Man kann Erbvorbezüge gewähren oder Hypotheken amortisieren. Sterben Kapitalbezüger früh, verschwindet das noch vorhandene Geld nicht wie bei der Rente. Es wird vererbt. Andererseits: Leben Pensionierte lange und ist das Geld vorzeitig aufgebraucht, müssen sie schmal durch. Dann verbleibt ihnen nur die AHV-Rente – und eine allfällige Ergänzungsleistung.
Wer weiss, dass seine Lebenserwartung nur noch kurz ist, sollte sich deshalb für den Kapitalbezug entscheiden. Dieser ist auch überdurchschnittlich attraktiv für alleinstehende Männer, die in der Pensionskasse die Witwen- und Kinderrenten mitfinanzieren müssten, aber selbst nichts davon hätten.
Wer das Kapital bezieht, muss seine Ausgaben strikt im Griff haben
Allerdings: Kapitalbezüger müssen sich fortan selbst um die Geldanlage kümmern. Es braucht auch Disziplin beim «Verzehr» des Kapitals, damit dieses nicht zu schnell aufgebraucht ist. Wer Mühe hat, Geld einzuteilen, wer sich in Finanzanlagen nicht auskennt oder den mit ihnen verbundenen Aufwand scheut, für den ist der Kapitalbezug die schlechtere Lösung (siehe Text rechts).
Das Einkommen, das den Kapitalbezügern zur Verfügung stehen wird, hängt entscheidend davon ab, wie ertragreich die Investitionen sind. Auch bei einer seriösen Anlagestrategie können Verluste anfallen. Wer knapp dran ist, sollte die Rente wählen.
Der Kapitalbezug sollte deshalb nur von Pensionären in Betracht gezogen werden, die dank weiteren Vermögenswerten wie zum Beispiel Immobilien oder Dritte-Säule-Anlagen Verluste verkraften können.
Inflation: Renten sind schlecht geschützt
Zurzeit ist die Inflation kein Thema. Sie wird aber mit Sicherheit wieder zurückkehren. Seit entsprechende Zahlen erhoben werden, belief sich die Teuerung in der Schweiz auf durchschnittlich 2,1 Prozent pro Jahr. Bei dieser Rate schrumpft die Kaufkraft eines Frankens innert zehn Jahren auf 81 Rappen, nach zwanzig Jahren auf rund 65 Rappen.
Der Schutz vor Teuerung ist bei Pensionskassenrenten gesetzlich schwach verankert. Vorsorgeeinrichtungen müssen die Renten «entsprechend den finanziellen Möglichkeiten» anpassen – eine schwammige Formulierung. Die Kaufkraft der Renten ist somit nicht garantiert, die Inflation kann höher sein als der Teuerungsausgleich. Es ist sogar möglich, dass Rentner überhaupt keinen erhalten. Das ist häufig der Fall.
Sind da Kapitalbezüger im Vorteil? Den besten Inflationsschutz versprechen Geldanlagen in reale Vermögenswerte wie Aktien oder Immobilienfonds. Dies sind aber ausgerechnet jene Anlagen mit den höheren Risiken und Schwankungen.
Pensionierte mit knappem Budget sollten deshalb nur einen kleinen Anteil ihres Kapitals in solche Anlagen stecken. Sie müssen hauptsächlich auf Nominalwerte wie Sparkonten, Kassenobligationen und Obligationen setzen. Diese bieten immerhin einen geringen Inflationsschutz. Denn mit der Inflation steigen auch die Sparprämien.