Motorräder sind Dreckschleudern

Motorräder stossen mehr schädliche Abgase aus als Autos. Mit Abgaskontrollen könnte man den Schadstoffausstoss massiv senken. Doch obligatorische Kontrollen sind nicht in Sicht.

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K-Tipp 16/2011

30.09.2011

Letzte Aktualisierung:
05.10.2011

Daniel Jaggi

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Der Verkauf von Motorrädern boomt, besonders bei den Rollern: 1990 gabs auf den Schweizer Strassen 12 000 davon – heute sind es 270 000. Was viele nicht wissen: Motorräder sind Dreckschleudern. Kurt Egli, Projektleiter der Auto-Umweltliste beim Verkehrs-Club Schweiz sagt: «Selbst ein moderner Roller ist dreimal dreckiger als ein Auto.»

Eine Studie der Eidgenössischen Matrialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) aus dem Jahr 2009 zeigt: Motorräder stossen fast doppelt so viel Kohlenmonoxid aus wie ein durchschnittliches Benzinauto. Bei den Kohlenwasserstoffen liegen die Schadstoffmengen sogar 20-mal höher. Das hat zunehmend negative Folgen, wie das Bundesamt für Umwelt berechnet hat:

Ausstoss von Kohlenwasserstoff: Motorräder sind für 10 Prozent der Kohlenwasserstoffe im Strassenverkehr verantwortlich, obwohl ihr Kilometeranteil am gesamten Strassenverkehr nur 3 Prozent beträgt. Im Jahr 2020 dürfte der Schadstoffanteil gar 40 Prozent betragen.

Ausstoss von Feinstaub: Der Feinstaub aus Auspuff und Pneuabrieb von Töffs wird bis zum Jahr 2020 von heute 100 auf 130 Tonnen pro Jahr zunehmen. Feinstaub gilt als Auslöser für Allergien, Asthma und Herzinfarkt.

Ausstoss von Kohlendioxid: Der Ausstoss des Treibhausgases CO2 durch Motorräder betrug 1995 rund 165 000 Tonnen. Bis 2020 dürften es 240 000 Tonnen sein.

Trotz dieser beunruhigenden Zahlen schont der Bund die Töffbesitzer. So gilt für sie die europäische Abgasnorm Euro 4 erst ab 2015, für Kleinmotorräder bis 50 Kubikmeter Hubraum sogar nur die weniger strenge Norm Euro 3. Anders bei den Autos: Sie dürfen heute nur in Verkehr gesetzt werden, wenn sie die strengste Auflage erfüllen, nämlich Euro 5. Zudem müssen Autos regelmässig zur Abgaskontrolle.

Anders Motorräder: Sie müssen nie zum Abgastest. Jan Czerwinski von der Abgasprüfstelle der Hochschule für Technik und Informatik in Biel meinte schon 2007 gegenüber dem K-Tipp: «Durch richtige Kontrollen könnten bei den Kleinmotorrädern die Schadstoffe um 30 bis 50 Prozent gesenkt werden.»

In parlamentarischen Vorstössen wurden immer wieder regelmässige Abgaskontrollen für Töffs verlangt. Sie wurden zwar überwiesen, unternommen aber hat der Bundesrat bis heute nichts. Noch im Februar dieses Jahres erhielt die grüne Nationalrätin Anita Lachenmeier eine abschlägige Antwort: Die Wirkung von Kontrollen ist laut Bundesrat «nicht zufriedenstellend», das «Emmissionsminderungspotenzial bescheiden» und das «Kosten-Nutzen-Verhältnis schlecht». Damit folgt der Bundesrat der Argumentation der einflussreichen IG Motorrad. Die Töfffahrerlobby kämpft seit Jahren gegen die angeblich «unwirksamen», «schikanösen» und «teuren» Kontrollen.

Umweltverbände und TCS für Kontrollen

Zurzeit überarbeitet das Bundesamt für Strassen (Astra) die «Verordnung über die technischen Anforderungen im Strassenverkehr». Darin liesse sich auch eine obligatorische Abgaswartung für Motorräder festschreiben. Sowohl Umweltverbände als auch der TCS halten eine solche Vorschrift für sinnvoll. Ob eine solche Regelung kommt, dazu will sich Astra-Sprecher Thomas Rohrbach nicht äussern. Er meint nur, Nutzen und Ertrag müssten in einem «sinnvollen Verhältnis» stehen. Weil der Bundesrat das Kosten-Nutzen-Verhältnis ja bereits als schlecht bezeichnet hat, ist Gerhard Tubandt vom VCS pessimistisch: «Erst wenn die EU Abgaskontrollen einführt, wird dies auch hier mehrheitsfähig – Dreckluft hin oder her.»

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