Kopfsalat: Stark mit Nitrat belastet
Nitrat kann Krebs auslösen. Und Kopfsalat enthält davon im Winter gleich grammweise. Dies zeigt eine Stichprobe des Gesundheitstipp. Experten raten, auf andere Gemüsearten auszuweichen.
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Gesundheitstipp 1/2006
18.01.2006
Tobias Frey
Die Plastikhülle ist etwas zurückgeschoben, und auf den saftig grünen Blättern perlen aufgesprühte Wassertröpfchen - so gluschtig und gesund präsentieren die Verkäuferinnen den Salat im Regal von Pickfresh.
Doch der Schein trügt. Kopfsalate enthalten im Winter sehr viel Nitrat. Und das gefährdet die Gesundheit. Auch der Salat von Pickfresh. Dies zeigt eine Stichprobe des Gesundheitstipp bei Detaillisten und Grossverteilern. Er liess im Dezember vom Amt für Lebensmittelk...
Die Plastikhülle ist etwas zurückgeschoben, und auf den saftig grünen Blättern perlen aufgesprühte Wassertröpfchen - so gluschtig und gesund präsentieren die Verkäuferinnen den Salat im Regal von Pickfresh.
Doch der Schein trügt. Kopfsalate enthalten im Winter sehr viel Nitrat. Und das gefährdet die Gesundheit. Auch der Salat von Pickfresh. Dies zeigt eine Stichprobe des Gesundheitstipp bei Detaillisten und Grossverteilern. Er liess im Dezember vom Amt für Lebensmittelkontrolle in Schaffhausen 15 Salatproben auf Nitrat untersuchen. Fazit: 5 enthielten zu viel.
Nitrat wandelt sich im Körper zu giftigen Nitrosaminen um und erhöht das Risiko für Krebs. Zudem hemmt Nitrat die Schilddrüse, sodass sie weniger Jod aufnehmen kann. Die Gefahr eines Kropfs steigt. Deshalb empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO, so wenig Nitrat wie möglich aufzunehmen. Die WHO setzt die Grenze für Erwachsene bei 3,7 Milligramm Nitrat pro Kilogramm Körpergewicht und Tag fest. Für einen 70 Kilogramm schweren Menschen heisst das: Mehr als 250 Milligramm Nitrat gefährden seine Gesundheit. Bei den meisten Frauen und Kindern sind es viel weniger.
Bei 5 der untersuchten Proben ist in einer Portion - das heisst rund 100 Gramm - Kopfsalat bereits mehr Nitrat drin. Zum Beispiel in den Kopfsalaten von Eurospar in Zollikofen BE und Migros Schweizerhof in Luzern (siehe Tabelle): Sie enthalten beide 3100 Milligramm pro Kilogramm. Eine Portion enthält also bedenkliche 310 Milligramm Nitrat.
Keine der Proben übertraf zwar den Toleranzwert von 4500 Milligramm pro Kilogramm. Doch der ist für viele Experten kein Massstab: «Dieser Wert ist viel zu hoch angesetzt», kritisiert Nitrat-Fachmann Roger Biedermann. Zudem ist der Wert unverbindlich. Produzenten müssen die Salate nicht vom Markt nehmen, wenn der Nitratgehalt die Toleranzwerte überschreitet. Anders wäre dies beim Überschreiten eines Grenzwerts.
Doch das Bundesamt für Gesundheit schaffte vor drei Jahren den verbindlichen Grenzwert ab mit der Begründung, der Nutzen der Vitamine im Salat sei grösser als der mögliche Schaden durch das Nitrat. Diese Politik stösst Biedermann sauer auf: «Das war ein völliger Fehlentscheid. Man schützt auf diese Weise die Produzenten, damit sie ihren Treibhaussalat verkaufen können.»
Kein Wunder, verschanzen sich die betroffenen Detaillisten hinter den Behörden: Migros, Coop und Carrefour verweisen auf die Toleranzwerte. Spar verspricht immerhin mehr hauseigene Kontrollen.
Übermässiges Düngen erhöht die Nitratbelastung
In der EU gelten zwar strengere Richtlinien als in der Schweiz - doch sie sind nicht konsequent und ebenfalls zu Gunsten der Salat-Produzenten. So darf im Sommer ein Kopfsalat nicht mehr als 2500 Milligramm Nitrat pro Kilogramm aufweisen, sonst ziehen ihn die Behörden aus dem Verkehr. Im Winter sind hingegen bis zu 4500 Milligramm erlaubt.
Nitrat im Salat lässt sich vermeiden. Es gelangt vor allem durch übermässiges Düngen ins Gemüse. Das Tageslicht baut es zwar in den Blättern ab. Weil aber im Winter weniger Licht vorhanden ist, bleibt es in den Blättern. Eine Stichprobe im Januar würde vermutlich noch höhere Werte ergeben.
Doch es geht auch anders. Dies beweist der Kopfsalat von der Volg-Filiale in Berikon AG: Er enthielt nur 800 Milligramm Nitrat. Für Biedermann ist klar: «Die Schweiz könnte das Gleiche tun wie die EU: Sie hat bereits heute tiefere Höchstwerte und plant sie weiter zu senken.»
Broccoli und Rosenkohl statt Kopf- und Nüsslisalat
Konsumenten sehen dem Kopfsalat nicht an, wie viel Nitrat er enthält. Deshalb raten Experten, im Winter auf Kopfsalat zu verzichten. Biedermann: «Zurzeit können uns die Behörden nicht vor dem Nitrat schützen. Deshalb sollten Konsumenten im Winter Salat- und Gemüsesorten meiden, die viel Nitrat enthalten können.»
- Stark belastet sind:
Endivie, Kopfsalat, Nüsslisalat, Randen, Rettich oder Rucola. Sie enthalten in der Regel mehr als 1000 Milligramm Nitrat pro Kilogramm.
- Weniger stark belastet sind:
Chinakohl, Eisbergsalat, Fenchel, Kabis, Spinat oder Wirz. Sie enthalten in der Regel 500 bis 1000 Milligramm Nitrat pro Kilogramm.
- Schwach belastet sind:
Blumenkohl, Bohnen, Broccoli, Erbsen, Gurken, Kartoffeln, Peperoni, Rosenkohl und Tomaten. Sie enthalten weniger als 500 Milligramm Nitrat pro Kilogramm.