Krankenkassen: Grosse könnten von Atupri lernen
Eine saldo-Umfrage zeigt: Fast neun von zehn Versicherten sind mit dem Service ihrer Krankenkasse zufrieden. Doch viele spielen mit dem Gedanken, die Kasse zu wechseln.
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saldo 17/2005
26.10.2005
Eric Breitinger
Gibt es eine bessere Krankenkasse für mich? Diese Frage drängt sich spätestens dann auf, wenn die eigene Kasse neue, höhere Prämien ankündigt. Entscheidungsgrundlage für die Wahl der Kasse ist allerdings nicht nur der Preis, sondern auch die Leistung.
Wer also bietet den Versicherten den besten Service für ihr Geld? saldo wollte das genau wissen und beauftragte das Link-Institut in Luzern mit einer Umfrage bei 1100 repräsentativ ausgewählten Schweizern. Das Ergebnis ist ...
Gibt es eine bessere Krankenkasse für mich? Diese Frage drängt sich spätestens dann auf, wenn die eigene Kasse neue, höhere Prämien ankündigt. Entscheidungsgrundlage für die Wahl der Kasse ist allerdings nicht nur der Preis, sondern auch die Leistung.
Wer also bietet den Versicherten den besten Service für ihr Geld? saldo wollte das genau wissen und beauftragte das Link-Institut in Luzern mit einer Umfrage bei 1100 repräsentativ ausgewählten Schweizern. Das Ergebnis ist auf den ersten Blick verblüffend: 89 Prozent der Befragten, die in den letzten zwei Jahren Leistungen in Anspruch genommen haben, sind mit dem Service ihrer Kasse «sehr zufrieden» oder «ziemlich zufrieden». Als «gar nicht zufrieden» bezeichneten sich lediglich 3 Prozent der Befragten, als «wenig zufrieden» 6 Prozent.
Ist also Kasse gleich Kasse? Nein, obwohl laut Gesetz alle Kassen die gleiche Grundversicherung anbieten. Doch es gibt Unterschiede, wie die Versicherungen mit Anrufern und Rechnungen umgehen. Diese Nuancen entscheiden letztlich darüber, ob die Kunden zufrieden sind oder nicht.
Nur jedes vierte Assura-Mitglied ist sehr zufrieden
Im Urteil der Kunden schnitt die Atupri am besten ab: 87 Prozent der Versicherten sind mit dem Service der ehemaligen Kasse der SBB «sehr zufrieden». Die KPT und die Sanitas schafften es zusammen auf Platz 2: Als «sehr zufrieden» bezeichneten sich 70 Prozent der Kunden beider Kassen. Auf Rang 3 folgt die Swica mit 62 Prozent.
Nicht überzeugen konnten indes die Groupe Mutuel und die Visana mit gerade mal 41 respektive 39 Prozent «sehr zufriedener» Kunden. Auf dem letzten Platz landete die Assura: Nur jedes vierte Mitglied der Westschweizer Kasse urteilte mit «sehr zufrieden» (siehe Tabelle).
Diese Resultate decken sich tendenziell mit den Ergebnissen früherer Erhebungen: Bei der Kundenumfrage 2005 des Internetvergleichsdienstes comparis.ch belegten Sanitas, Atupri und KPT vordere Plätze. Assura und Groupe Mutuel rangierten auf den hinteren Rängen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch die unabhängige Berner Consulting-Firma Plaut AG, die 2003 die Leistungen von Schweizer Krankenkassen unter die Lupe nahm: Am besten schnitten Swica und Atupri ab, Visana, Sanitas und Helsana landeten unter den letzten fünf.
Assura-Vizedirektor Fredi Bacchetto erklärt sich das schlechte Abschneiden seiner Versicherung damit, dass die Kontrolle aller Rechnungen zur Philosophie seiner Kasse gehöre: «Wir sind hartnäckig, wenn Fragen offen bleiben.» Das werde von manchem Versicherten als kundenunfreundliches Verhalten ausgelegt. Zum anderen habe seine Kasse ein stürmisches Wachstum hinter sich: So kamen Ende 2003 ein Drittel mehr Versicherte zur Assura. «Das hat zu administrativen Problemen geführt», sagt Bacchetto. Man habe entsprechend schnell Personal einstellen und einarbeiten müssen. Für Bacchetto ist es daher wahrscheinlich, «dass es inkompetente Antworten gegeben hat».
Grundsätzlich gilt bei den saldo-Ergebnissen: Frauen sind mit ihrer Kasse an sich zufriedener als Männer, Ältere eher als Jüngere. Deutschschweizer äussern sich seltener negativ über ihre Kasse als Versicherte aus der Westschweiz. Wer einen Internetanschluss hat, neigt zum kritischeren Blick als Personen, die keinen Anschluss besitzen.
Probleme mit der Krankenkasse sind eher die Ausnahme
Herrscht bei den Versicherten also eitel Sonnenschein? Man könnte es glauben: Nur 17 Prozent hatten überhaupt schon mal Probleme mit ihrer Kasse: In 4 Prozent der Fälle wurden «Rechnungen zu spät bezahlt», in 3 Prozent gar nicht übernommen. In 1,5 Prozent der Fälle gab es lästige und ärgerliche Nachfragen. Am schlechtesten behandelt fühlten sich abermals die Assura-Kunden: 15 Prozent der Befragten klagten über zu spät bezahlte Rechnungen, 7,5 Prozent bekamen kein Geld zurück. Für Vizedirektor Bacchetto sind das Ausnahmen: «In der Regel haben die Versicherten ihr Geld innert 14 Tagen.»
11 Prozent der Groupe- Mutuel-Kunden bemängelten ebenfalls nicht bezahlte Rechnungen und 7 Prozent ärgerten sich über lästige Rückfragen. Von diesen fühlten sich auch 14 Prozent der EGK-Mitglieder gestört. Aber wie gesagt: Die grosse Mehrheit der Versicherten, 80 Prozent der Befragten, verneinte Schwierigkeiten bei der Abwicklung. Die Versicherten sind mit ihrer Kasse zufrieden, aber sie schielen trotzdem auf andere: 42 Prozent der Männer und 35 Prozent der Frauen haben schon mal daran gedacht, ihre Versicherung zu wechseln.
Jüngere Versicherte sind eher bereit, die Kasse zu wechseln
Hierfür kann es nach Einschätzung von Experten nur einen Grund geben: die hohen Prämien. So manch einer denkt, dass er den gleichen Service auch bei einer anderen Kasse bekommen könnte, nur billiger. Oder dass er woanders einen besseren Service erhielte - fürs gleiche Geld. Konkret überlegten sich 62 Prozent der Assura-Versicherten und 59 Prozent der Groupe-Mutuel-Angehörigen den Abgang, aber nur 27 Prozent der Atupri-Versicherten erwogen den Wechsel - allesamt Mitglieder relativ günstiger Kassen. Da passt es ins Bild, dass laut einer neuen repräsentativen Umfrage von Comparis ein Drittel der Versicherten die Prämien nur mit Mühe oder gar nicht mehr bezahlen kann. Vor allem Jüngere denken öfters an einen Wechsel, aber laut Comparis wollen nur 6 Prozent der Versicherten in diesem Jahr tatsächlich kündigen. Dabei würde sich auch für viele andere der Wechsel zu einer günstigeren Kasse lohnen.
Warum die saldo-Umfrage repräsentativ ist
Die repräsentative Umfrage zur Krankenkassenzufriedenheit hat das Link-Institut für Markt- und Sozialforschung in Luzern im Auftrag von saldo durchgeführt. Die Interviewer befragten zwischen dem 5. und 11. Oktober telefonisch 1100 Personen, darunter gleich viele Frauen wie Männer. 825 der Interviewten wohnen in der Deutschschweiz, 275 in der Westschweiz. Die Umfrageergebnisse sind repräsentativ: Das heisst: Wenn man allen Schweizern die gleichen Fragen stellen würde, käme das Gleiche heraus. Denn die Befragten entsprechen der Gesamtbevölkerung hinsichtlich Geschlecht, Alter, Wohnort sowie der Grösse ihres Haushalts.
eb
Junge gehen fast gleich häufig zum Arzt wie ältere Menschen
Die repräsentative saldo-Umfrage entlarvte nebenbei zwei Mythen als Märchen: Da mögen manche die Romands für die fleissigeren Arztgänger halten. Bei der Umfrage stellte sich heraus, dass Deutschschweizer häufiger Leistungen der Kassen in Anspruch nehmen als Westschweizer.
Entgegen der landläufigen Meinung gehen Ältere nicht erheblich mehr zum Arzt als Jüngere. Vielmehr suchen die 30- bis 49-Jährigen fast genauso häufig (63%) einen Arzt oder Apotheker auf wie 50- bis 74-Jährige (69,5%). Nur einen geringen Einfluss spielt dabei die Lebenssituation: Junge Familien mit Kindern (69,5%) beanspruchten nämlich fast genauso emsig medizinische Dienstleistungen wie Ältere, die mit ihrem Partner zusammenleben (73%).
So wechseln Sie die Krankenkasse
Jede Person kann die Kasse auf Ende Jahr wechseln, am besten per eingeschriebenem Kündigungsbrief.
Das Schreiben muss bis 30. November bei der bisherigen Kasse eingetroffen sein; bei der neuen anmelden kann man sich dann noch im Dezember. Die neue Kasse muss jeden Antragsteller in die Grundversicherung aufnehmen. Die neue Kasse meldet der bisherigen auch, dass man jetzt bei ihr versichert ist. Es gibt mehrere Möglichkeiten, sich über die neuen Prämien der Grundversicherung zu informieren.
Der K-Tipp Nr.16/05 hat die günstigsten Prämien für 13 Kantone und 17 weitere grössere Orte veröffentlicht.
Beim Bundesamt für Gesundheit kann man die kostenlose «Prämienübersicht 2006» bestellen: BAG, Prämien-Service, 3003 Bern; Bestell-Hotline Tel. 031 324 88 01, Fax 031 324 88 00; bag.praemienservice@bag.admin.ch.
Mit dem Talon auf Seite 16 können Sie Ihren persönlichen Prämienvergleich anfordern.
Weitere Infos und Prämienvergleiche gibts auf www.vzonline.ch
www.comparis.ch www.bag.admin.ch www.praemien.admin.ch
Die wichtigsten Informationen zur Krankenversicherung und zum Taggeld bietet der K-Tipp-Ratgeber «Krankenkasse: Das Beste daraus machen», 164 Seiten. 25 Franken, Nichtabonnenten: 30 Franken. Bestellen Sie über Tel. 044 253 90 70 oder ratgeber@ktipp.ch