Zitrusfrucht mit Nebenwirkungen
Grapefruits gelten als gesund. Wer bestimmte Medikamente einnimmt, sollte aber auf diese Früchte verzichten - sonst drohen gefährliche Wechselwirkungen.
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saldo 3/2005
16.02.2005
Sigrid Cariola
Grapefruits sind wichtige Vitamin-C-Lieferanten - sie gelten als Schlankmacher und werden häufig bei Diätkuren empfohlen. Ganz unbedenklich sind sie aber nicht: Grapefruits beeinflussen die Wirkung von verschiedenen Medikamenten - darunter auch Cholesterinsenker, Herz- und Schlafmittel, Antiepileptika oder Potenzpillen.
Die deutsche Herzstiftung berichtet sogar von einem Todesfall: Ein 29-jähriger Mann behandelte seinen allergischen Schnupfen mit dem Medikament Terfenadin und t...
Grapefruits sind wichtige Vitamin-C-Lieferanten - sie gelten als Schlankmacher und werden häufig bei Diätkuren empfohlen. Ganz unbedenklich sind sie aber nicht: Grapefruits beeinflussen die Wirkung von verschiedenen Medikamenten - darunter auch Cholesterinsenker, Herz- und Schlafmittel, Antiepileptika oder Potenzpillen.
Die deutsche Herzstiftung berichtet sogar von einem Todesfall: Ein 29-jähriger Mann behandelte seinen allergischen Schnupfen mit dem Medikament Terfenadin und trank täglich Grapefruitsaft. Plötzlich brach sein Kreislauf zusammen. Die Autopsie ergab eine 30fache Konzentration des Antiallergikums in seinem Blut.
Wechselwirkung wurde durch Zufall entdeckt
Die US-Wissenschafterin Amy Karch von der Universität Rochester machte kürzlich einen weiteren Todesfall publik: Ein Patient, der regelmässig Cholesterinsenker genommen und Grapefruitsaft getrunken hatte, starb an Nierenversagen.
«Die Wechselwirkung zwischen Grapefruits und verschiedenen Medikamenten ist in der Fachwelt seit einigen Jahren bekannt», sagt Bernhard Lauterburg vom Institut für klinische Pharmakologie an der Universität Bern. Wissenschafter stiessen per Zufall auf die Wirkung, als sie bei einer Studie den schlechten Geschmack eines Medikaments mit Grapefruitsaft überdecken wollten. Sie stellten fest, dass sich das Medikament im Blut der Patienten in viel höherer Konzentration fand als üblich.
Gefahr ist nicht bei allen Ärzten und Apothekern bekannt
Die Ursache: Enzyme in der Leber und der Darmschleimhaut bauen körperfremde Stoffe ab. Grapefruits hemmen diese Tätigkeit mit der Folge, dass Wirkstoffe von Medikamenten in höherer Dosis in die Blutzirkulation gelangen. Bei häufigem Konsum der Früchte können sich die Medikamente im Blut anreichern. Und damit steigt das Risiko von schweren Nebenwirkungen.
Vielen Patienten, Ärzten und Apothekern sind die Folgen aber nicht klar. Eine saldo-Stichprobe bei acht Apotheken ergab, dass nur fünf darauf hinweisen, bei der Einnahme des Cholesterinsenkers Zocor auf Grapefruits zu verzichten; dies, obwohl ausdrücklich nach Wechselwirkungen mit Lebensmitteln gefragt wurde. Immerhin: Bei Zocor ist die Gefahr auf dem Beipackzettel erwähnt.
Der Pharmakologe Bernhard Lauterburg hält fest, dass es aber keinen Grund gibt, Grapefruits generell vom Speiseplan zu streichen. «Für die meisten Medikamente ist der Konsum von 1 bis 2 Deziliter Saft am Tag oder einer halben Grapefruit unbedenklich. Nur bei bestimmten Medikamenten (siehe Tabelle) sollten Patienten darauf verzichten.
Die Mediziner wissen zwar mittlerweile, dass Furanocoumarine in der Grapefruit für die Wechselwirkung verantwortlich sind - weshalb sie bei einem Menschen stärker wirken als beim anderen, ist jedoch unklar. Tatsache ist, dass der Gehalt an enzymhemmenden Stoffen variiert - und zwar je nach Sorte und Herkunft der Grapefruit.
Positive Effekte werden nicht erforscht
Das ist denn auch ein Grund dafür, dass die Wirkung von Grapefruits bislang nicht geschäftlich genutzt wird, etwa um niedrigere Dosierungen zu verabreichen und so Kosten zu sparen. «Voraussetzung wäre, dass jemand Interesse daran hat, die Wirkstoffe zu isolieren und klinische Daten zu erheben», sagt Bernhard Lauterburg. Wer sollte das sein? Die Pharmaindustrie wohl kaum.