Steinpilze: Steine inklusive
Wer mit getrockneten Steinpilzen kochen will, muss genau hinschauen. In den Packungen finden sich oft böse Überraschungen.
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saldo 1/2004
21.01.2004
Nicole Schönenberger
Polenta, Risotto oder Rahmsauce mit Steinpilzen - wer ausserhalb der Pilzsaison darauf Lust hat, muss zu getrockneten Steinpilzen greifen. In Packungen ab 20 Gramm werden sie in den meisten Lebensmittelgeschäften angeboten. Herkunftsland ist hauptsächlich China, doch zum Beispiel auch Serbien und Polen exportieren Steinpilze in grossen Mengen.
Eine Probe enthielt Staubläuse, Maden und Insekteneier
Kassensturz hat getrocknete Steinpilze von sechs Marken un...
Polenta, Risotto oder Rahmsauce mit Steinpilzen - wer ausserhalb der Pilzsaison darauf Lust hat, muss zu getrockneten Steinpilzen greifen. In Packungen ab 20 Gramm werden sie in den meisten Lebensmittelgeschäften angeboten. Herkunftsland ist hauptsächlich China, doch zum Beispiel auch Serbien und Polen exportieren Steinpilze in grossen Mengen.
Eine Probe enthielt Staubläuse, Maden und Insekteneier
Kassensturz hat getrocknete Steinpilze von sechs Marken untersucht. Resultat der Untersuchung, die Michel Schneider vom Amt für Lebensmittelkontrolle in Zug durchgeführt hat: Fünf der sechs Proben entsprachen nicht der Speisepilz-Verordnung; was der Kontrolleur gefunden hat, ist alles andere als appetitlich.
Die Proben von Coop, Denner und Globus waren zum Teil stark mit Erde verschmutzt, die Packung von Globus enthielt zudem einen Stein. In der Probe der Marke Majestic, die zum Beispiel Coop und Jelmoli anbieten, fand Schneider neben Steinen, Schmutz und Holzstücken auch vier falsche Pilze, einer davon ein Lamellenpilz. «Das ist schlimm», sagt Schneider. «Der Lamellenpilz zeugt von einer schlechten Kontrolle.» Eine Nachlässigkeit, die hätte ins Auge gehen können: Unter den Lamellenpilzen gibt es hochgiftige Pilze wie den Fliegenpilz oder den Knollenblätterpilz.
Besonders unappetitlich war die Probe der Marke Supremo, die zum Beispiel bei Pick Pay und Marinello erhältlich ist: Die Packung enthielt Staubläuse, leere Insekteneier und Maden. «Widerlich», kommentiert Schneider. Dass es in dem Päckchen kreuchte und fleuchte, ist seiner Ansicht nach entweder auf falsche Lagerung oder Unsauberkeit bei der Ernte zurückzuführen.
Das schlechte Resultat der Stichprobe gibt auch grundsätzlich zu denken: Das Amt für Lebensmittelkontrolle in Zug und weitere kantonale Labors untersuchen regelmässig Trockenpilze und beanstanden sie bei den Vertreibern. Das müsste eigentlich zu einer Besserung führen. Unverständlich ist für Michel Schneider, dass viele Konsumenten nicht reklamieren, wenn sie in der Packung schmutzige Pilze vorfinden. «Wir haben ja hier nur sechs Proben untersucht», gibt der Lebensmittelkontrolleur zu bedenken, «wie sieht dann der Rest aus?»
Der Preis ist bei Steinpilzen jedenfalls kein Indiz für gute Qualität. Die teuersten Pilze (Globus, 50 Gramm Fr. 19.60) waren stark verschmutzt und enthielten einen Stein. Für die zweitbilligsten (Migros, 50 Gramm Fr. 6.50) gab es dagegen die Note «gut».
Die Vertreiber der Steinpilze, die im Test schlecht abgeschnitten haben, wollen nun handeln. Die Gustav Gerig AG, in deren Majestic-Beutel das Labor den Lamellenpilz fand, hat die beanstandete Ware sofort für den Verkauf gesperrt. «Der Lieferant wird nicht mehr berücksichtigt», meldet die Firma.
Auch die Hirtz AG, in deren Steinpilzpackung Maden hausten, hat die beanstandete Ware aus dem Handel zurückgezogen. Sie betont jedoch, dass «die Steinpilze von unserem amtlich anerkannten Kontrolleur geprüft und als einwandfrei beurteilt worden sind».
Carlo Delmaestro, Chefkoch und Besitzer des Restaurants Gulm in Oberägeri (16 Gault-Millau-Punkte), verarbeitet schon lange keine Pilze herkömmlicher Provenienz mehr. Er bezieht seine Ware von einem kleinen Betrieb in Italien.
Packungen mit Mängeln: Retour an die Verkaufsstellen
Den Hobbyköchen, die mit Pilzen aus dem Laden kochen, gibt er folgenden Tipp: die Pilze nicht nur rund 20 Minuten in warmem Wasser einlegen, sondern drei bis vier Stunden. Die Pilze herausnehmen und das Einweichwasser, bevor es dem Risotto beigemischt wird, durch ein Sieb oder ein Tuch passieren. So bleiben Verunreinigungen zurück.
Und wenn eine Packung getrockneter Steinpilze viel Schmutz, Steine oder Haushaltschädlinge enthält, bleibt nur eins: zurück ins Geschäft bringen.