Eine Feinschmeckerrunde trifft sich in der renommierten internationalen Bäckerfachschule Richemont in Luzern. Kassensturz hat am selben Morgen sechs frische Zöpfe eingekauft. Zum Vergleich hat die Fachschule Zöpfe nach eigenem Rezept gebacken. Das beliebte Frühstücksgebäck wird geprüft.

«Backen ist noch schwieriger als kochen», sagt Gastro-Journalist Oliver Affolter. «Das Rezept muss ganz genau stimmen. Die Temperaturen sollten exakt eingehalten werden. Köche haben grösseren Spielraum als Bäcker.»

Die Jury beurteilt Gebäckfarbe, Gleichmässigkeit des Flechtens, optischen Eindruck, Krumenstruktur, Geruch, Geschmack und Kaueigenschaften. «Für mich muss ein Zopf Schönheit und Charakter zeigen», so Walter Boesch, Direktor der Fachschule. «Das habe ich nur bei wenigen Proben nicht gefunden.»

Luzerner Kleinbäcker schlägt Grossverteiler

Beate Widmer vom Gourmetservice «Köstliches für Kenner» in Ittigen BE mag Zöpfe, die an hausgemachte «Berner Züpfe» erinnern, nicht «nach Fabrik ausschauen und schon gar nicht nach Industrie schmecken».

Bäckermeister Silvan Hotz aus Rotkreuz LU stellt fest, dass manche Zöpfe gut aussehen, aber nicht schmecken und umgekehrt. «Den Zopf von Denner würde man auf den ersten Blick vielleicht gar nicht kaufen. Der Geschmack war dann aber wirklich gut.» Den Denner-Zopf setzten die Testesser auf Platz drei der eingekauften Zöpfe.

Konditoren-Weltmeisterin Juliane Woelke zum Zopf der Zürcher Bäckerei Hausammann: «Optisch ist er nicht gerade Fachbuch Seite eins. Aber vom Geschmack her durchaus ansprechend.» Der Zopf erreicht Platz zwei.

In einem Punkt sind sich alle einig. Der Zopf der Bäckerfachschule Richemont ragt heraus. Affolter: «Eine wahnsinnig schöne Kruste, rissiger Teig. Eine wunderbare Züpfe, eine Sensation fast.» Der Richemont-Zopf lief jedoch ausser Konkurrenz.

Besonders gut geschmeckt hat auch der Zopf der Bäckerei Meile in Luzern. Juliane Woelke: «Optisch nicht sehr schön, aber feucht und saftig und gut zum Essen.» - Platz eins für den Meile-Zopf.

Die Zöpfe der Grossverteiler haben weniger überzeugt. Dafür sind sie die preisgüns-tigsten. Der Zopf von Migros landet auf dem vierten, jener von Coop auf dem sechsten und somit letzten Platz. Widmer: «Wenn man draufdrückt, pappt der Teig zusammen und bildet Fettklümpchen.» Und Boesch: «Ich würde ein normales Stück Brot vorziehen.»

Verwendet werden darf auch eingesottene Butter

Migros gibt eingesottene Butter, so genanntes Butterfett, in ihre Zöpfe. Coop verwendet Kochbutter. Welche Butter auch immer, das Gesetz verlangt, dass im Butterzopf mindestens 5 Prozent Butterfett sein muss. Aber mehr Butter garantiert keinen Erfolg beim Verkosten. Mehr als 20 Prozent Butter darf auf keinen Fall ins Mehl, sonst geht der Teig nicht auf. Der Zopf muss auch im richtigen Moment in den Ofen. Boesch: «Zöpfe, die zu früh gebacken werden, wachsen zu schnell hoch. Und auch das Aroma kann sich nicht optimal entfalten.»

Die Migros schreibt, sie wolle ihre Rezepte und die Herstellung überprüfen und allenfalls anpassen. Das gilt auch für Coop und die Bäckerei Kleiner am Zürcher Limmatquai - der Kleiner-Zopf liegt auf dem zweitletzten Platz.

Geschmäcker sind bekanntlich verschiedener Art. Die meisten Geniesser aber möchten, dass der Zopf schmeckt wie einst bei Grossmuttern. Der Emmentaler Schriftsteller Jeremias Gotthelf brachte es in «Die schwarze Spinne» auf den Punkt: «Ein Frühstück, wie es Fürsten selten haben und keine Bauern der Welt als die Berner.