Sauerstoffwasser mit irreführenden Heilversprechen
Mit Sauerstoff angereicherte Getränke sind im Trend. Doch die Produkte halten nicht, was sie versprechen, und werden wegen falscher Deklaration kritisiert.
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saldo 4/2003
05.03.2003
Anatol Hug
Beim Sauber-Formel-1-Team fliesst eine neue Geldquelle. Sponsoren sind die barmherzigen Schwestern aus Bad Adelholzen in Bayern. Ihnen gehört die Quelle, aus deren Wasser die Firma Adelholzener Alpenquellen GmbH das mit Sauerstoff angereicherte Active 02 produziert. Auf Promotionsfotos wirbt die Ordensleiterin Schwester Theodolinde persönlich für Sauber und das Trendprodukt. «Active 02 enthält 15-mal mehr Sauerstoff als normales Wasser und schafft damit neue Frische für Körper und Geist....
Beim Sauber-Formel-1-Team fliesst eine neue Geldquelle. Sponsoren sind die barmherzigen Schwestern aus Bad Adelholzen in Bayern. Ihnen gehört die Quelle, aus deren Wasser die Firma Adelholzener Alpenquellen GmbH das mit Sauerstoff angereicherte Active 02 produziert. Auf Promotionsfotos wirbt die Ordensleiterin Schwester Theodolinde persönlich für Sauber und das Trendprodukt. «Active 02 enthält 15-mal mehr Sauerstoff als normales Wasser und schafft damit neue Frische für Körper und Geist.» Mit diesem Versprechen lockt Active 02 auch im Internet. Nachtschwärmer sollen für rund 2 Franken pro 7,5 Deziliter länger durchhalten und am nächsten Morgen frischer aufstehen.
Medizinisch heilsame Wirkungen versprochen
Doch die Adelholzener Alpenquellen GmbH verspricht nicht nur Fitness, Frische und Jugend, sondern auch medizinisch heilsame Wirkungen. Sie behauptet, dass das Wasser die Sauerstoffaufnahme des Körpers unterstütze und vor allem die Leber mit zusätzlichem Sauerstoff versorge. Die Anpreisungen zeigen Wirkung. 2002 wurden in der Schweiz eine halbe Million Flaschen verkauft.
Scharfe Kritik der Schweizer Gesundheitsbehörden
Active 02 nimmt mit seinen Heilversprechen einen Trend aus Amerika auf. Dort werben die Hersteller seit längerem mit gesundheitlichen Vorteilen für Sauerstoffwasser. Doch in der Schweiz sind derartige Anpreisungen verboten, wenn sie die Konsumenten irreführen. «Bei diesem Produkt ist das ganz klar der Fall», sagt der Berner Kantonschemiker Urs Mülller. Deshalb dürfte das Wasser in der Schweiz gar nicht verkauft werden.
«Active 02 weckt falsche Vorstellungen, das muss geahndet werden», doppelt Urs Klemm vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) nach. Active 02 stützt zwar seine Aussagen auf ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten. Dieses untersuchte den möglichen Effekt des Sauerstoffwassers an narkotisierten Hasen. Klemm jedoch ist skeptisch: «Ich finde es fragwürdig, an narkotisierten Hasen Untersuchungen anzustellen, um dann die Beobachtungen eins zu eins auf Menschen zu übertragen.»
Theodor Ott führt Active 02 in die Schweiz ein. Mit den Vorwürfen des Kantons-chemikers und des BAG ist er nicht einverstanden. «Sollen wir etwa Menschen Sonden in den Bauch legen, um das BAG von der gesundheitlichen Wirkung zu überzeugen?»
Was zählt, ist jedoch allein das Gesetz. Und die Kantons-chemiker haben den Auftrag, für die Einhaltung des Gesetzes zu sorgen. Alle irreführenden Angaben müssen schnellstmöglich von der Etikette verschwinden. Unzulässig ist dabei auch die Bezeichnung Mineralwasser. Mit Sauerstoff versetztes Wasser heisst korrekt Trinkwasser.
Oxygizer deklariert sich selbst als Tafelwasser
Active 02 ist nicht das einzige Sauerstoffwasser auf dem Schweizer Markt. Und auch Konkurrenzprodukte machen fragwürdige Versprechen. Oxygizer - im Detailhandel Fr. 2.80, im Restaurant Fr. 7.- pro 5 Deziliter - gibt als Zutat unzulässigerweise Mineralwasser an. Zudem wirbt das Unternehmen damit, dass das Getränk «belebt, erfrischt und regeneriert». Dies seien keine Heilversprechen, sagt Rainer Kupper von Oxygizer. Weder das BAG noch die Kantonschemiker hätten bis jetzt die Etikette bemängelt. Oxygizer ist nicht bereit, etwas an der Etikette zu ändern.
Sauber-Team: Keine Zweifel an seinem Sponsor
Kritisiert hat das BAG das Sauerstoffwasser der Marke Heidiland, Fr. 1.40 der halbe Liter. Bis anhin verkauften die Hersteller das Wasser als Mineralwasser. Heidiland muss jetzt die Etikette dem Schweizer Recht anpassen und es künftig Trinkwasser nennen.
Auch Active 02 reagiert auf die Kritik der Gesundheitsbehörden und nimmt Korrekturen auf der Etikette vor. Auf die gesundheitlichen Anpreisungen will Active 02 aber nicht ganz verzichten. Ott hofft auf eine Einigung: «Wir wollen einvernehmlich mit den Behörden zusammenarbeiten.»
Ob das BAG die neue Etikette akzeptieren wird, ist noch offen. Das Sauber-Team sieht trotz Kritik auf Anfrage von Kassensturz keinen Anlass, die Integrität des Sponsors in Frage zu stellen. Die erfolgreiche Vermarktung von Active 02 in Deutschland verspricht eben einen willkommenen Geldsegen von Seiten der barmherzigen Schwestern.