Das mineralreiche Wasser von Thermalbädern verspricht Linderung und soll zahlreichen Krankheiten vorbeugen. Doch statt gesund zu werden oder zu bleiben, läuft man in vilen Bädern Gefahr, eine Krankheit aufzulesen. Das zeigt eine K-Tipp-Stichprobe in neun renommierten Thermalbädern (siehe Tabelle im pdf-Artikel). In Rheinfelden (Sole Uno) wurde dem K-Tipp die Entnahme von Wasserproben verweigert.
Die Resultate sind bedenklich: In mehr als der Hälfte der Bäder wurde der Legionellen-Richtwert von 1000 Stück pro Liter massiv überschritten – mit Abstand am stärksten in Bad Zurzach: 38 000 Keime ergab die Analyse des Duschwassers. Als Alarmwert gelten 10000 Legionellen pro Liter. Nachdem der K-Tipp vor eineinhalb Jahren in einer Basler Schulhausdusche 31000 Legionellen gezählt hatte, wurde die Anlage von den Behörden für mehrere Wochen geschlossen und saniert. Legionellen können Lungenentzündungen verursachen (siehe unten).
Legionellen: In vielen Bädern ein Problem
Als Sofortmassnahme wurden in Bad Zurzach die Leitungen heiss durchgespült und mit Chemikalien behandelt. Bei späteren Messungen lag die Legionellenzahl denn auch unter 1000 Einheiten pro Liter. «Wir kämpfen seit längerem mit diesem Problem und haben eine Spezialanlage einbauen lassen», erklärt der technische Leiter Karl Spuhler.
Auch in den anderen Bädern mit hohem Legionellenbefall hat man reagiert. Allerdings war die Keimzahl bei Nachkontrollen immer noch zu hoch.
Nur in Leukerbad nimmt man die Wasseranalysen auf die leichte Schulter und bezeichnet die Ergebnisse der K-Tipp-Untersuchung als «nicht nachvollziehbar».
Für die Kontrolle und Einhaltung der Richtwerte sind die Badbetreiber selber verantwortlich. Legionellen-Kontrollen durch kantonale Behörden finden, wenn überhaupt, nur sporadisch statt. «Anders als in der EU fehlt in der Schweiz eine gesetzliche Grundlage für Duschwasser», kritisiert Peter Grütter, Leiter des Kantonslabors Aargau und Präsident des Verbands Schweizer Kantonschemiker.
Nicht nur bei den Duschen, auch im Badewasser hat der K-Tipp beträchtliche Hygienemängel festgestellt. Am meisten Keime fanden sich im Wasser der Lindner Therme in Leukerbad. Dort zeigt man sich allerdings wenig beeindruckt vom Resultat und verweist auf Messungen des Kantonslabors, die zu anderen Ergebnissen gekommen seien.
Auch in Bad Ragaz und in Schuls war das Badewasser verschmutzt. Amtliche Nachmessung kamen laut Betreiber zu einem anderen Resultat. Tatsächlich schwanken die Werte von Tag zu Tag. Besonders hoch war die Keimzahl auch im Feuerbad von Vals. Dort ist das Duschen vor dem Betreten der Becken nicht Pflicht.
Die meisten Bäder verzichten auf Chlor
Im Unterschied zu gewöhnlichen öffentlichen Bädern ist die Chlorierung des Wassers in Thermalbädern nicht vorgeschrieben. Mit Ausnahme des Familienbeckens in Bad Zurzach verzichten alle Deutschschweizer Thermen auf Chlor, das die Mineralien im Wasser zerstören würde. Stattdessen reinigt man das Wasser mit Brom, Ozon oder Sauerstoff. Anders in der Romandie. In Yverdon lag der Chlorgehalt mit 1,1 mg pro Liter über dem SIA-Toleranzwert von 0,8 mg. Dafür war das Wasser fast keimfrei.
So wurde getestet
Die Stichproben wurden ohne Voranmeldung an drei Werktagen im November durchgeführt, an Tagen mit relativ wenigen Badegästen. Damit war die Möglichkeit eher gering, dass «unsaubere» Personen das Wasser verschmutzen.
Die Bade- und Duschwasserproben hat der K-Tipp umgehend in ein Speziallabor geschickt und dort auf ihre Keimzahl (aerobe mesophile Keime) und auf Legionellen hin analysieren lassen.
Vor Ort wurde zudem der Chlorgehalt des Wassers gemessen. Einzig in Yverdon enthielt das Wasser zu viel Chlor.
Legionellen: Immer mehr Krankheitsfälle
Die Zahl der an der Legionärskrankheit (Legionellose) erkrankten Personen ist stark angestiegen. Im Jahr 2000 wurden dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) noch 86 Fälle gemeldet, letztes Jahr waren es bereits 217. Die Dunkelziffer nicht erkannter oder gemeldeter Krankheitsfälle dürfte aber beträchtlich sein.
Verursacht wird die Legionellose durch Bakterien, die Legionellen. Die Übertragung auf Menschen findet durch das Einatmen feinster Wassertröpfchen statt. Ideale Brutstätten für Legionellen sind Klimaanlagen, Whirlpools oder Warmwasseranlagen – insbesondere Duschen (siehe auch K-Tipp 14/06). Eine Infektion kann zu einer lebensgefährlichen Lungenentzündung führen. Am stärksten gefährdet sind Babys, Kleinkinder, ältere Menschen oder solche mit geschwächtem Immunsystem. Gerade solche Personen gehören aber zu den regelmässigen Benutzern von Thermalbädern.
Um zu verhindern, dass die Krankheit um sich greift, muss die Infektionsquelle so schnell wie möglich gefunden und beseitigt werden – daher gilt eine Meldepflicht.