Besuchsrecht - "Mein Sohn will nicht zu seinem Vater"
Inhalt
saldo 12/2002
19.06.2002
Zwei Experten standen den Leserinnen und Lesern zum Thema Besuchsrecht Red und Antwort. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Fragen.
Frage: Unser 10-jähriger Sohn will nicht mehr zum Vater. Was soll ich als sorgeberechtigte Mutter unternehmen? Zwingen möchte ich ihn nicht. Ich kann den Sohn sogar verstehen, denn er sagt, der Vater spreche immer schlecht über mich und habe immer wieder andere Freundinnen zu Hause.
Antwort: Begleiten Sie das Kind auf eine Juge...
Zwei Experten standen den Leserinnen und Lesern zum Thema Besuchsrecht Red und Antwort. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Fragen.
Frage: Unser 10-jähriger Sohn will nicht mehr zum Vater. Was soll ich als sorgeberechtigte Mutter unternehmen? Zwingen möchte ich ihn nicht. Ich kann den Sohn sogar verstehen, denn er sagt, der Vater spreche immer schlecht über mich und habe immer wieder andere Freundinnen zu Hause.
Antwort: Begleiten Sie das Kind auf eine Jugendberatungsstelle. Eine aussenstehende Fachperson soll herausfinden, ob und in welchem Rahmen der Bub seinen Vater sehen will.
Mein Ex-Mann setzt meinen Sohn an den Besuchstagen hauptsächlich vor den Fernseher. Kann ich das Besuchsrecht verweigern?
Nein. Ich empfehle Ihnen und Ihrem Ex-Mann, eine Beratungsstelle aufzusuchen oder sich bei der Vormundschaftsbehörde zu melden. Mit einer unbefangenen Person könnte besprochen werden, wie die Besuchstage gestaltet werden können.
Mein geschiedener Mann bezahlt keine Kinderalimente mehr. Darf ich ihm das Besuchsrecht verweigern?
Nein. Das Besuchsrecht darf nicht als Druckmittel verwendet werden. Dieses Recht steht dem Besuchsberechtigten unabhängig von der Pflicht zu, Alimente zu bezahlen. Zudem haben die Kinder ein Anrecht auf Kontakte zum Vater.
Meine Frau und ich wollen uns scheiden lassen. Wie stehen meine Chancen, dass ich die Kinder zugeteilt erhalte?
Wenn nichts Nachteiliges gegen die Mutter vorliegt, wird das Sorgerecht in der Regel ihr zugesprochen - umso mehr, wenn sie sich bereits vor der Scheidung mehrheitlich um die Kinder gekümmert hat. Bei vergleichbaren Voraussetzungen kann das Gericht die Empfehlung einer Fachstelle einholen.
Ich habe das alleinige Sorgerecht für unsere beiden Töchter. Bis jetzt war immer ich die Ansprechperson in der Schule. Neuerdings sucht mein Ex-Mann die Lehrer auf und will auch an den Elternabenden teilnehmen. Mischt er sich da nicht etwas zu sehr ein?
Nein, nach neuem Scheidungsrecht stehen dem Elternteil ohne Sorgerecht mehr Rechte zu als früher. Neu ist zum Beispiel das Auskunfts- und Informationsrecht über die Kinder. Dieses Recht steht dem Vater nicht nur gegenüber der erziehenden Mutter zu, sondern auch gegenüber Drittpersonen, namentlich Lehrern und Ärzten.
Ich möchte die Kinder nach der Scheidung zu mir nehmen. Dies entspricht auch ihrem Wunsch. Wie stehen die Chancen, dass nicht die Mutter das Sorgerecht erhält? Die Kinder sind 15 und 16 Jahre alt.
Ihre Chancen stehen gut. Denn Ihre Kinder sind in einem Alter, in dem sie fähig sind, ein Urteil abzugeben. Ihre Meinung wird bei der Scheidung jedenfalls berücksichtigt werden.
Vor kurzem wurde meinem Ex-Mann für acht Monate der Führerausweis entzogen. Jetzt muss ich unseren Sohn an den Besuchswochenenden zum Vater fahren - pro Fahrt 30 Kilometer. Kann ich ihm die Fahrspesen in Rechnung stellen?
Ja, wenn er die Kinder nicht selbst abholt. Denn bei der Ausübung des Besuchsrechts muss er auch für die anfallenden Kosten aufkommen.
Mein Ex-Mann bezahlt keine Kinderalimente mehr. Gleichzeitig erpresst er mich mit der Drohung, er werde die Kinder nicht mehr besuchen, falls ich ihn betreibe. Die Kinder hängen an ihrem Vater, was soll ich tun?
Sie dürfen sich nicht erpressen lassen. Wenn er nicht zahlt, können Sie ihn betreiben. Macht er seine Drohung wahr, müssen die Kinder über den wahren Grund informiert werden. Empfehlenswert ist die Aufklärung durch eine Fachperson.
Seit eineinhalb Jahren hat mein geschiedener Mann die Kinder nicht mehr besucht. Jetzt hat er die Scheidungsklage eingereicht und macht das Besuchsrecht geltend. Wird er damit durchkommen?
Ihr Mann hat ein Recht auf Ausübung des Besuchsrechts. Dieses soll ja auch im Interesse des Kindes wahrgenommen werden. Ich würde Ihnen zu Beginn ein begleitetes Besuchsrecht empfehlen. So haben die Kinder und ihr Vater die Möglichkeit, sich aneinander zu gewöhnen.
Mein Ex-Mann hält sich zwar an das gerichtlich vereinbarte Besuchsrecht. Sehr oft aber gibt er unseren fünfjährigen Sohn bei den Grosseltern oder bei Freunden ab, weil er an einem Fussballmatch teilnehmen oder einen Kurs besuchen muss. Geht das überhaupt?
Nicht, wenn es wiederholt vorkommt. Sinn des Besuchsrechts ist, dass Vater und Kind eine Beziehung aufbauen können. Abgesehen davon enthält das Besuchsrecht auch eine Pflicht, sich um das Kind zu kümmern. Wird davon nur sporadisch Gebrauch gemacht, können die Besuchsbedingungen neu geregelt werden. Ich empfehle Ihnen, eine Fachperson aufzusuchen - zum Beispiel bei einer Jugendberatungsstelle, die Ihnen hilft, eine Lösung zu finden.
Mein Mann und ich wollen uns trennen. Wir haben zwei Kinder im Alter von zwei und drei Jahren, die bei mir wohnen bleiben werden. Wie sollen wir das Besuchsrecht untereinander am besten regeln? Wir dachten an zwei Wochenenden im Monat.
Diese Lösung ist nicht ratsam. Wenn die Kinder noch sehr klein sind, bewähren sich häufigere Besuchsmöglichkeiten mit kürzeren Intervallen. Ihr Mann könnte die Kinder zum Beispiel zwei- bis dreimal in der Woche holen oder besuchen kommen.
Meine Ex-Freundin und ich haben zusammen ein Kind. Um Spannungen zu vermeiden, schlägt sie mir Folgendes vor: Wenn ich auf das Besuchsrecht verzichte, verzichte sie auf die Alimente. Mir kommt dieses Angebot gelegen. Mache ich mich damit wegen Vernachlässigung der Familienpflichten strafbar?
Sie können das Besuchsrecht und die Alimentenzahlungen nicht zum Nachteil des Kindes beschneiden. Dieses hat einen eigenständigen Anspruch auf den Kontakt zum Vater und auf dessen Unterstützung. Um diese Interessen zu schützen, kann die Vormundschaftsbehörde zu Gunsten des Kindes eingreifen. Lassen Sie daher Ihre Vereinbarung von der Behörde überprüfen.
Um mir nicht zu begegnen, verlangt mein Ex-Mann, dass ich die Tochter an den Besuchswochenenden an einen neutralen Ort bringe, wo er sie abholen kann. Lange habe ich dieses Opfer auf mich genommen. Nun habe ich genug. Ist nicht er verpflichtet, das Kind bei mir abzuholen?
Streng genommen, ja. Ich rate Ihnen aber, das Problem zusammen mit Ihrem Ex-Mann mit Hilfe von Fachleuten in den Griff zu bekommen. Es geht letztlich um das Wohl des Kindes, das schliesslich beide Elternteile gern hat.
Meine Ex-Frau ist mit unserer Tochter nach Spanien ausgewandert. Was geschieht nun mit meinem Besuchsrecht? Die Ex-Frau meint, ich könne ja einen Flug buchen, wenn ich das Kind unbedingt sehen möchte.
In der Tat haben Sie keine andere Möglichkeit, auch wenn die Antwort Ihrer Ex-Frau reichlich zynisch ist. Im Interesse des Kindes sollten die Kontakte mit Hilfe einer Fachperson neu geregelt werden.
Anne Sciavilla