Amtlich bestätigter Abriss

Die Gebühren fürs Telefonieren im Ausland (Roaming) sinken zwar langsam. Doch die Gewinne der Telecomfirmen bleiben überrissen hoch. Und die Differenz zu den Preisen in der EU wird immer grösser.

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K-Tipp 16/2012

28.09.2012

Letzte Aktualisierung:
02.10.2012

Christian Birmele

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Die Schweizer haben im letzten Jahr mindestens dreimal so viel für die Handynutzung im Ausland bezahlt wie EU-Bürger (SMS und Telefonate). Und die Preise fürs Daten-Roaming mit einem Prepaid-Handy sind fast fünfmal so hoch wie in der Europäischen Union.

Das zeigt der aktuelle Bericht des Bundesamts für Kommunikation über die Zusatzkosten beim Telefonieren im Ausland. Darin werden die Roaming-Gebühren der Telecomfirmen Swisscom, Sunrise und Orange mit jenen in der EU verglichen.

Unglaublich: Seit diesem Sommer sind die Unterschiede noch viel grösser geworden. Aktuell zahlen Schweizer bis zu 16-mal so viel wie EU-Bürger. Der Grund: In der EU gibt es gesetzlich verankerte Preisobergrenzen, die jedes Jahr weiter gesenkt werden (siehe Kasten rechts).

Der K-Tipp prangert die überhöhten Preise der Schweizer Telecomfirmen für die Handynutzung im Ausland seit langem an. Dieser Kritik schliesst sich jetzt auch das Bundesamt an. Im Bericht steht verklausuliert, dass «Mobilfunkanbieterinnen ihre auf der Vorleistungsstufe erhaltenen Kostenvorteile nicht immer an die Kundschaft weitergeben». Auf Deutsch übersetzt heisst das: Swisscom, Sunrise und Orange verdienen kräftig an den überhöhten Gebühren.

Gemäss Berechnungen des K-Tipp sind es 330 Millionen Franken ungerechtfertigte Gewinne pro Jahr. Je weiter die EU-Tarife fallen, desto höher fallen diese Gewinne aus.

Swisscom & Co. haben zwar Ende letztes Jahr die Roaming-Gebühren etwas gesenkt – von durchschnittlich Fr. 1.06 auf Fr. –.86 pro Minute. Doch die Telecomfirmen schlagen dafür an anderer Stelle auf. Und zwar bei der Berechnung der Gesprächsdauer.

Der Trick mit der Gesprächsdauer

Das funktioniert so: Anstatt auf die Sekunde genau wird im Minutentakt abgerechnet. Wer zum Beispiel exakt 4 Minuten und 1 Sekunde von Rom nach Hause telefoniert, zahlt für 5 Minuten. Das tönt nach wenig. Doch gemäss der Statistik des Bundesamtes sind die so entstehenden Rundungsgewinne beträchtlich. Und sie steigen: Laut Bericht wurden in den Vorjahren im Schnitt für jede tatsächlich vertelefonierte Minute etwa 1,2 Minuten verrechnet, im letzten Quartal des Jahres 2011 waren es schon bis zu 1,46 Minuten. Das heisst: Der Rundungsgewinn hat sich mehr als verdoppelt.

Swisscom, Sunrise und Orange wälzen die Schuld für die hohen Preise auf die europäischen Telecomkonzerne ab. Diese würden den Schweizer Firmen zu hohe Preise verrechnen. Und: Durch spezielle kostenpflichtige Auslandsoptionen könne man die Roaming-Kosten beträchtlich reduzieren.

Offener Brief an den Bundesrat

Vor einem Jahr nahm die Berner SP-Nationalrätin Ursula Wyss die Forderung des K-Tipp nach Senkung der Roaming-Gebühren mit einer Motion auf: Der Bundesrat soll den Mobilfunkfirmen Preisobergrenzen vorschreiben, wie sie in der EU gelten. Der Nationalrat überwies den Vorstoss mit 181 zu 5 Stimmen.

Zurzeit liegt das Geschäft im Ständerat auf der langen Bank. Er will sich erst im Januar 2013 mit der Motion beschäftigen. Auch der Bundesrat bremst: Um die Roaming-Tarife zu senken, seien Verhandlungen mit der EU sowie Gesetzesänderungen nötig.

In einem offenen Brief fordern deshalb jetzt K-Tipp, «Saldo» und «Bon à Savoir»: Der Bundesrat soll der Swisscom tiefere Roaming-Tarife vorschreiben. Als Mehrheitsbesitzer ist der Bund dazu befugt.

Schweizer zahlen bis zu 16-mal so viel

Die EU-Roaming-Tarife sinken weiter: Aktuell betragen die EU-Preisobergrenzen (ohne Mehrwertsteuer) pro Minute umgerechnet rund 35 Rappen für ausgehende Anrufe, rund 10 Rappen für eingehende Anrufe und rund 11 Rappen für SMS. Neu gibt es auch Preisobergrenzen für den Datentransfer übers Handy. 1 Megabyte kostet für EU-Bürger höchstens 84 Rappen.

Zum Vergleich: Sunrise und Orange verlangen für die gleiche Datenmenge bis zu Fr. 13.80 (ohne Mehrwertsteuer). Das ist 16-Mal so viel. Bei Swisscom kostet 1 Megabyte bis Fr. 7.36 oder etwa 9-mal so viel.

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