Anfang Juli überprüfte der Preisüberwacher die neuen Abfallsack-Gebühren im Kanton Waadt. Dabei stellte er fest: 17 von 174 Gemeinden verlangten zu hohe Gebühren. Der Preisüberwacher empfahl, die Gebühren zu senken. 5 Gemeinden kamen der Empfehlung nach. Alle anderen ignorierten sie.

Seit dem Jahr 2003 gilt in der Schweiz für die Abfallentsorgung das Verursacherprinzip: Die Müllverursacher müssen für die Kosten der Entsorgung selbst aufkommen. Die meisten Gemeinden verlangen zwei Gebühren: Sie belasten den Haushalten eine jährliche Grundgebühr nach der Grösse des Haushalts oder der Wohnung. Dazu kommt meist eine Gebühr pro Abfallsack. 

Die Gebühren dürfen nur zur Finanzierung der Abfallentsorgung aus den Haushalten verwendet werden. Das gilt bei allen staatlichen Gebühren. Aus dem Abfallmonopol dürfen die Gemeinden keine Gewinne erzielen. 

Die Realität sieht jedoch anders aus: Die Abfallentsorgung wird für die Gemeinden immer günstiger. Ein saldo-Vergleich zeigt: In der Stadt Basel sind die Kosten in den letzten vier Jahren um total 0,5 Millionen Franken gesunken. In der Stadt Zürich reduzierten sie sich seit 2009 um total 1 Million Franken. Sinkende Kosten verzeichnen auch Bern, Luzern und St. Gallen.

Dafür gibt es laut Experten in Kantonen und Städten verschiedene Gründe: Einerseits sinken die Kosten in den Kehrichtverbrennungsanlagen. Dazu kommen höhere Erlöse für Metall, Glas und Papier. «Die Abfalllogistik ist dadurch in den letzten Jahren stetig optimiert worden», sagt Simon Schwarzenbach vom Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich.


Kanton Zürich: Jährliche Mehreinnahmen von über 1 Million Franken

Trotzdem blieben die Gebühren in den von saldo befragten Städten mit Ausnahme von Bern unverändert. Folge: Jahr für Jahr resultiert ein deutlicher Einnahmen­überschuss. Beispiel Kanton Zürich: Hier analysiert das Amt für Abfall, Energie, Wasser und Luft jährlich die Kosten und Einnahmen von 13 repräsentativ ausgewählten Gemeinden. Dabei zeigt sich: Seit 2007 übersteigen die Einnahmen die Kosten in den meisten Ortschaften um 5 bis 20 Prozent. Insgesamt fallen im Kanton Zürich aus der Abfallverwertung Mehreinnahmen von 1 bis 1,5 Millionen Franken pro Jahr an.

Unklar bleibt, wo die Bewohner den höchsten Überschuss finanzieren. Denn die Erhebung ist anonym. Dies war die Bedingung der Gemeinden, damit sie überhaupt an der Umfrage teilnahmen. 


Gemeinden verwenden das Geld für unnötige Rückstellungen

Die Gemeinden erklären, sie würden das Prinzip der Zweckgebundenheit der Gebühren nicht verletzen. Die Überschüsse würden in ein Spezialfinanzierungskonto einbezahlt. Das Geld werde nur dazu verwendet, Spezialkosten bei der Abfallbeseitigung zu tilgen. Dazu gehört der Kauf von neuen Fahrzeugen und Putzmaschinen. Nur: Der Kauf dieser Maschinen ist in der Aufwandrechnung und der Bilanz bereits enthalten. Es braucht dafür keine zusätzlichen Rückstellungen.

Rudolf Lanz, Sprecher des Preisüberwachers, sagt denn auch: «Rückstellungen können im Abfallbereich nur in geringem Umfang vorgenommen werden, da die Abfallentsorgung nicht kapitalintensiv ist.» 

Auf den Spezialfinanzierungskonten der Zürcher Gemeinden liegen bis zu 145 Franken pro Einwohner. Ein Zürcher verursacht pro Jahr aber nur Abfallkosten von durchschnittlich 85 Franken.